Kandidatenanalyse Bürgermeisterwahl Wachenheim

In zwei Wochen sind in Wachenheim Wahlen zum Verbandsbürgermeister. Drei Kandidaten treten zur Wahl an:

• Torsten Bechtel als Amtsinhaber, von der CDU
• Andreas Schäffling als parteiloser Kandidat, nominiert von der SPD
• Jochen Kappel als Kandidat der FWG

Ich schaue auf den Wahlkampf und die öffentliche Darstellung, sowie auf die Aussagen zur Wahl. Zudem gebe ich meine Einschätzung ab. Diese gebe ich ohne Anspruch auf Neutralität ab, da ich als FDP-Fraktionsvorsitzender im Verbandsgemeinderat das gar nicht sein kann. Allerdings ist es meine private Einschätzung und nicht die der FDP.

Wahlkampf und öffentliche Darstellung

Alle drei Kandidaten nutzen „Wesselmänner“ und Kopfplakate. Torsten Bechtel hat als einziger Kandidat mehre Motive auf den Wesselmännern.

Während Torsten Bechtel und Jochen Kappel insgesamt eher „ruhige“ Designs wählen und die Person im Vordergrund steht, ist bei Andreas Schäffling deutlich mehr Text zu finden.

Torsten Bechtel und Jochen Kappel designen ihre Auftritte ähnlich. Ruhig, blau als Grundton, reduzierter Text. Ich denke, das liegt auch an den ähnlichen Designgrundlagen bei CDU und FWG: Bis zum orange/ocker ist das sehr ähnlich. Bei Andreas Schäffling ist der Ursprung und Nähe zur SPD deutlich zu erkennen. Viel rot bis zum Walter-Momper-Gedächtnisschal.

Aussagen zur Wahl

Torsten Bechtel geht die Zuständigkeiten der Verbandsgemeinde durch und bringt Aussagen mit Vergangenheitsbezug und Absichtserklärungen. Er betont seine persönliche und familiäre Einbindung in die Pfalz und Verbandsgemeinde und sein Netzwerk in die Politik. Die zukünftigen Punkte liegen im Bereich Klimaschutz, Mobilität und Verwaltung.

Jochen Kappel betont seine pfälzer Wurzeln, sowie seinen beruflichen Werdegang, der ihn durch diverse Stationen geführt hat. Über Fluglärm und Schule entstanden die Berührungspunkte zur Kommunalpolitik in der er in der FWG seine Heimat gefunden hat. Für die zukünftigen Punkte betont er die konstruktive Zusammenarbeit mit allen vier Gemeinden und schneidet die Themen Energie und Energiewende, Erziehung und Ausbildung, Hochwasser- und Naturschutz an.

Andreas Schäffling setzt seine Punkte insbesondere aus der Expertise als Verwaltungsfachmann, was sowohl werblich, als auch inhaltlich stark betont wird. Aus der Chemie stammend und nach einer Weiterbildung zum Umweltschutztechniker ging es zur SGD Süd in der er noch heute tätig ist. Die zukünftigen Punkte zählt Schäffler mit den Bereichen Schulen, Umwelt, Tourismus, Feuerwehr, bürgerfreundliche Verwaltung auf. Auch Schäffling betont die Zusammenarbeit mit allen vier Gemeinden.

Einschätzungen

Das Motiv von Torsten Bechtel mit der freistehenden Photovoltaikanlage halte ich für irreführend: die Verbandsgemeinde hat damit nichts zu tun. Es ist offenbar die Anlage auf der Kreismülldeponie zu der sich der Landkreis Bad Dürkheim entschieden hat.

Bechtels Slogan „Von hier für Alle“ halte ich angesichts der offenkundigen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit allen dreiOrtsgemeinden für schwierig. Ich kann das Bemühen, es dem Ehrenamt möglichst leicht zu machen, aus der VG-Bürgermeisterpraxis nicht erkennen. Gewissermaßen konsequent macht Bechtel auch keine Wahlaussagen in dieser Richtung.

Bechtels inhaltliche Wahlkampfaussagen gehen sinngemäß häufig einher mit „als ich ins Amt kam war alles schlecht und ich habe es verbessert“. Die Suggestion, es sei vor ihm nichts passiert, entspricht nicht der Realität der Vergangenheit. Punkte, die er sich auf die Habenseite schreibt, wie z.B. Klimaschutzkonzepte und -manager oder Radverkehrskonzepte sind keine Erfindung der Verbandsgemeinde Wachenheim, sondern durch Förderprogramme idR des Landes ermöglicht worden. Gut ist, dass sich die Verbandsgemeinde daran beteiligt und die Chancen daraus genutzt hat. Der Wachenheimer Hort ist gegen den Widerstand weiter Teile der CDU realisiert worden.

Die Kläranlage Wachenheim war am Ende ihrer ausgelegten Betriebszeit angekommen, abgeschrieben und war dennoch in guter Betriebsbereitschaft. Vernünftige Investitionsentscheidungen im Abwasserbesietigungswerk sind ursächlich für die Stabilität, z.B. Orientierung der Investitionshöhe am Cash Flow – eine Grundlage, die weit vor der Amtszeit von Herrn Bechtel gelegt wurde.

Der Flächennutzungsplan war jahrelang verzögert, da Herr Bechtel und die CDU es mit dem Einzelhandelskonzept und der Fläche Bischofsgarten unnötigerweise verknüpften. Nun gibt es mittlerweile einen gültigen Flächennutzungsplan (ohne Einzelhandelskonzept und Bischofsgarten). Die Darstellung „Voraussetzungen für einen Supermarkt habe ich geschaffen“ ist so falsch wie sie nur sein kann. Die Voraussetzung liegt nicht vor. Die im Juli 2021 in der Sitzung des Verbandsgemeinderates genannten Punkte zum Einzelhandelskonzept sind bisher weder aufgenommen noch umgesetzt oder diskutiert worden noch liegt eine überarbeitete Fassung des Einzelhandelskonzeptes vor. Das liegt alleine an der Verwaltung und ich vermute ein großes Stück auch an der Tatsache, dass Wahlen anstehen.

Bei Jochen Kappel gab es Aufregung wegen des fehlenden abgeschlossenen Studiums. Bei mir kommt der chancenorientierte und eine breite Perspektive schaffende Lebenslauf auch ohne abgeschlossenes Studium eher positiv an. Ihm traue ich es am ehesten zu, dass er eine Vorstellung von Kundenorientierung hat, die er in der Verwaltungsarbeit umsetzen mag, ohne dass er es im Wahlkampf besonders betont. Die werblich reduzierten Aussagen passen zum eher unaufgeregtem Auftreten von Jochen Kappel.

Bei Andreas Schäffling finde ich es widersprüchlich, die Parteilosigkeit und Unabhängigkeit zu betonen und gleichzeitig die SPD-Einbindung plakativ hervorheben (bis hin zu Kurt Beck unterstützt). Ich finde die Argumente Verwaltungswissen und Hinweise zum partnerschaftlichen Führungsstil viel stärker. Wenn ich es richtig weiss, ist er in der kommunalen Gewerbeaufsicht tätig und damit qua Beruf in einem Metier unterwegs, das auf Interessensausgleich ausgerichtet ist.

Unterm Strich

Ich halte einige Aussagen von Torsten Bechtel für falsch oder unvollständig dargestellt. Mir missfällt ganz klar die Attitüde zu versuchen Andere schlecht zu machen und dabei Wissens- oder Amtsvorteile zu Lasten Anderer zu nutzen und dafür Sachverhalte falsch bzw. nicht umfassend darzustellen.

Bei Andreas Schäffling halte ich den Widerspruch bezüglich der Parteilosigkeit und Unabhängigkeit bei gleichzeitiger Betonung der SPD-Einbindung für nicht aufgelöst. Ich halte es darüberhinaus auch nicht für schlau: Parteibindung ist nichts Böses und wer ist als Verbandsbürgermeister „parteiabhängig“? Die CDU hat „von oben“ ganz sicher nicht bestimmt, was Torsten Bechtel zu tun oder zu lassen hat.

Bei Jochen Kappel gefällt mir der schnörkellose, geradelinige Auftritt mit einem breiten beruflichen Hintergrund (das ist meines Erachtens sein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den beiden anderen Kandidaten) und der Fokussierung auf Kernthemen.

Nachtrag: Hinsichtlich der Frage Berufsabschluss ist mir die frühere Formulierung unter „Familie“ im Internetauftritt von Jochen Kappel zugespielt worden. Sie lautete:

„Zwei Jahre später kehrte ich in die Heimat zurück und machte meinen Abschluss an der FH Kaiserslautern.“

und ist mittlerweile wie folgt konkretisiert:

„Zwei Jahre später kehrte ich in die Heimat zurück und studierte weiter an der FH Kaiserslautern, ohne es abzuschliessen.“

Wertung: Ich persönlich hätte direkt klar formuliert, dass der qualifizierte Abschluss fehlt. Der Wechsel in den technischen Vertrieb macht den Wechsel nachvollziehbar. Allerdings lese ich auch keine behaupteten Abschlüsse wie Bachelor, Dipl-Ing oder die Selbstbezeichnung als Architekt heraus.

Zudem ist mir die Fragestellung zugespielt worden, ob das Verwaltungsstudium bei Andreas Schäffling für den gehobenen Dienst auch abgeschlossen wurde. Im Flyer steht nur, „ab 2001“.

Da Andreas Schäffling als Amtsrat im gehobenen Dienst tätig ist, wofür das Studium regelmäßig als Voraussetzung gesehen wird, gehe ich davon aus, dass es erfolgreich beendet wurde.